Erntedankfest-Bräuche aus verschiedenen Kulturen

Eine Reise durch die facettenreiche Welt der Erntedankfest-Bräuche

Frank Flechtwaren Holzkiste

Wenn man sein Zuhause mit Herbstdeko schmückt und den Garten winterfest macht, hat man Zeit zum Nachdenken. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was die Menschen in anderen Ländern anbauen und ob auch sie alle ein dankbares Gefühl überkommt, wenn sie ihre Ernte in Körben und Kisten verstauen? Auch, wenn nicht überall auf der Erde die gleichen Obst-, Gemüse- und Getreidesorten geerntet werden, haben die Menschen der verschiedensten Kulturen ein vergleichbares Bedürfnis: Sie möchten sich mit traditionsreichen Feierlichkeiten für die Ernte bedanken und so demonstrieren, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, immer genügend Nahrung zur Verfügung zu haben. Schon die alten Griechen, Römer und Ägypter brachten ihre Dankbarkeit gegenüber den Fruchtbarkeitsgöttern mit Opfergaben zum Ausdruck. Im Folgenden bekommen Sie einen kleinen Einblick in uralte Bräuche, feierliche Traditionen und kuriose Rituale zum Erntedankfest weltweit.

Wie unterscheiden sich die Erntedankfest-Bräuche in den unterschiedlichen Religionen?

  • Christentum: In christlich geprägten Ländern wie Deutschland schmückt man die Kirchen zum Erntedankfest mit Feldfrüchten und Kränzen. Während der Gottesdienste preist man Gott für die Schöpfung, zeigt seine Demut gegenüber der Natur und spendet für hungernde Menschen.
  • Judentum: Juden feiern jedes Jahr zwei Erntedankfeste. Wenn im Mai oder Juni in Israel der erste Weizen geerntet wird, begehen sie Schawuot, woraus im Christentum das Pfingstfest wurde. Im Herbst steht das siebentägige Laubhüttenfest Sukkot an. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, bei dem die Israeliten in Hütten aus Zweigen wohnten. Heute baut man die als Sukka bezeichneten Hütten nach und schmückt sie mit Erntegaben.
  • Islam: Während des Fastenmonats Ramadan beschäftigen sich die Moslems mit der Schöpfung und Gnade Gottes. Das große Ramadanfest kann mit dem christlichen Erntedankfest verglichen werden.
  • Hinduismus: In fast jedem indischen Bundesland wird die Ernte anders zelebriert. Einige Hindus feiern beispielsweise die Wintersonnenwende und den Erntebeginn im Januar mit dem Fest Makar Sankranti, bei dem man bunte Drachen steigen lässt. Außerdem gibt es im September das große Erntefest Onam. Zu Ehren des gutmütigen Königs Mahabali werden traditionelle Tänze aufgeführt und Schlangenbootrennen veranstaltet.

Welche Traditionen gibt es zu Erntedank weltweit?

  • Deutschland: Das Erntedankfest wird traditionell am ersten Oktobersonntag gefeiert, wobei dieser Termin nicht bindend ist und von jeder Gemeinde selbst festgelegt werden kann. Besonders in ländlichen Regionen wird man zur Erntezeit am Ortseingang von riesigen Puppen aus Strohballen empfangen, um das Getreide zu ehren. Aus den Halmen werden auch die wunderschönen Erntekronen hergestellt, die bei den zahlreichen Festumzügen die liebevoll gestalteten Wagen zieren. Oft werden auch Jahrmärkte veranstaltet, die je nach Region Kirchweih, Kirmes oder Kirta genannt werden. In den Berggemeinden findet zeitgleich mit dem Erntedankfest der Almabtrieb statt. Die Kühe und Schafe werden prächtig geschmückt und vertreiben mit dem Geläut der Glocken, die sie um den Hals tragen, die bösen Geister.
  • Frankreich: Wie auch in der deutschen Moselregion beziehen sich die Festlichkeiten vor allem auf die Weinlese.
  • Großbritannien: Während in England große Strohpuppen gebastelt werden, schwören die Schotten auf die angeblichen Heilkräfte von Hotch-Potch, einer Suppe aus bestem Fleisch und Gemüse.
  • USA und Kanada: Bevor am vierten Novemberdonnerstag Thanksgiving gefeiert wird, bilden sich auf den Highways lange Staus. Jeder möchte pünktlich zum traditionellen Truthahn-Essen zu Hause eintreffen und das lange Wochenende im Kreise seiner Liebsten verbringen. Es erinnert an die Ernte der ersten Siedler im 17. Jahrhundert, die ihre Nahrung mit den indianischen Ureinwohnern teilten. In Kanada wird bereits am zweiten Oktobermontag Thanksgiving zelebriert.
  • Barbados: Sobald im Juli die Zuckerrohrernte beendet ist, wird bei ausgelassenen Kostümumzügen zu lauter Musik gefeiert.
  • Mexiko: Zu Ehren der Maisgöttin Centeotl wird das Guelaguetza-Festival veranstaltet, was so viel wie Erfüllung oder Geschenk bedeutet. Man kleidet sich traditionell mit bunten Trachten und tanzt fröhlich zur Musik.
  • Ghana und Nigeria: Zum Ende der Regenzeit betet man während des Jams-Festes im August für eine gute Ernte. Aus Vorfreude auf die Jamswurzeln, die als Grundnahrungsmittel in Afrika gelten, wird das Kochzubehör blank geputzt.
  • Japan: Während früher der Kaiser beim Erntedankfest Niinamesai den ersten Reis der Ernte den Göttern opferte, begehen die Japaner heutzutage den „Tag des Dankes für die Arbeit“, Kinrô Kansha no Hi genannt. Man feiert gemeinsam an Shinto-Schreinen und bei fröhlichen Festen in der Nachbarschaft.
  • China, Taiwan und Vietnam: In den ostasiatischen Ländern zelebriert man das Mondfest. Am 15. Tag nach dem achten Monat treffen sich die Familien im Mondschein und essen sogenannten Mondkuchen. Sie ehren dabei die Seelen der Verstorbenen und danken für die Ernte.

Scheinbar sind die verschiedenen Kulturen nicht so unterschiedlich, wie es zunächst scheint. Allen liegt etwas daran, Dankbarkeit zu zeigen, gemeinschaftlich zu feiern und anderen zu helfen.